impressionen aus der pauschaltourismushölle I/III

Eintrag vom 27.11.
Tach.

25°C. Die Anlage ist bevölkert von russischen Supermodells und ihren mafiösen Liebhabern/Freunden/Ehemännern. Dazu russische Matronen und älteren Damen, die ihre lederartige, sonnenverbrannte Haut viel zu offen zur Schau stellen.
An Herren sind da die dünnen, drahtigen und die unglaublich dicken.
Die Deutschen erkennt man an ihrem meist verkniffenen Gesichtsausdruck.
Und ich mittendrin – im All-Inklusive-Urlaub in Hurghada / Ägypten.

Die Verpflegung ist ok (Reis + rätselhaftes Gemüse + rätselhaftes Fleisch), das Bier ist spektakulär. Sollte es auch – es wurde ja schließlich hier erfunden.

Komisch – gerade sagte mir eine Russin am Nachbartisch, dass ich ihrem Sohn wie aus dem Gesicht geschnitten sei. Gestern meinte das selbe schon eine Familie aus Hoyerswerda …

Aber zurück zum bisherigen Verlauf:
Am Dienstag habe ich mich massieren lassen. Dazu ging es in einem Kleinbus mit drei Arabern in ein spärlich beleuchtetes türkisches Bad. „I give you spezial massage“, meinte der junge ziemlich gepflegt aussehende Ägypter und obwohl er dabei meinen Klöten gefährlich nahe kam („relax, relax …“ dabei murmelnd) war es dann doch nicht so schwul wie befürchtet.
Approppos: gestern auf dem Schiff nach Paradies Island reichte ein wenig Getrommel, damit sich alle Anwesenden benahmen als hätte der Name der Insel noch eine versteckte, schwule Bedeutung.
Das mag aber auch von ihrer Behandlung der Frauen her rühren. Jedenfalls war die Kairoer Familie mit der ich mich gestern unterhielt zwar weltoffen, aber die Mutter (auch wenn sie ultrahöflich behandelt wurde) wurde weitesgehend ignoriert.

Verflucht … russische Strandschönheiten … wo war ich gerade?

Achja – Homosexualität. Die Unterdrückung des Weiblichen scheint diese zu unterstützen. Aber wahrscheinlich ist dies auch nur ein Vorurteil und diese Leute sind hier nur von einer Lebensfreude erfüllt, die uns fremd ist.

Ortswechsel: vom Speisebereich unterm Palmendach zur Bar unterm Palmendach, 15 Meter hinter mir das Rote Meer, das jedoch seit gestern (ich war baden!!) das Gelbe Meer heißen sollte. Oder zumindest das Orangene.
Dazu Getränkewechsel von Bier zu Rum-Cola.

Randbemerkung: Fette und ich meine so richtig FETTE Frauen im Bikini sind kein schöner Anblick. Zumal wenn sie rot-weiß gesprenkelt sind. Aber zum Kreislauf in den Griff bekommen bestens geeignet *gg*

Erwähnte ich eigentlich schon meinen Roomboy Mahmoud? Der ist eigentlich ziemlich cool und klopft jeden Morgen gegen 10.00 mit der Frage ob er meine Bude aufräumen soll. Trotz einem „No, Thanks.“ Tut er dies trotzdem. Genau wie mein „one moment please“ heute morgen ignoriert wurde, was zu einer peinlichen Begegnung auf der Toilette führte.
Naja – wir haben herzlichst gelacht und er wird wohl von mir auch reichlich Tip bekommen. Den hat mein Kellner Azis schon bekommen und ist nun schon wieder zuuuuu höflich.






Das hat mir gerade mein Barkeeper Hadj ins Notizbuch gemalt. Es scheint gerade eine ruhige Stunde zu sein. Die meisten schlafen ihren mittäglichen Rausch aus. (btw: Rum-Cola #2)

Verdammt! Gerade eben fiel mein Blick auf zwei rot-weiß gesprenkelte Kürbisse auf Streichhölzern also schnell den Blick zurückgewandt auf die drei russischen, Bier trinkenden Schönheiten.
Ok. Außer rot-weiß gesprenkelt gibt es auch noch weiß-dunkelbraun gewellt.

Ich stelle gerade fest, dass nicht alle Deutschen diesen verkniffenen Gesichtsausdruck haben. Zumindest nicht, wenn sie leicht einen sitzen haben. Auch kann man bei einigen nicht feststellen, ob der sandige Untergrund oder der Alk schuld am eigentümlichen Gang sind.

Nach dem Besuch der hiesigen Toilette habe ich gerade beschlossen, mich schreibenderweise an der Bar fest zutrinken. Schaun mer mal, was bei rumkommt. Btw: der Rum kommt … und zwar grandios (muharhar).

So viele Gesichter – so unterschiedliche Geschichten. Zum Beispiel das Paar, das bis heute bei mir gegenüber gewohnt hat. Mann war die Frau von ihrem Ollen angenervt und das nur, weil der ein wenig mit dem Personal gelabert hat. Im Allgemeinen scheint ein gemeinsamer Urlaub (evtl. noch mit Kindern!) eine fantastische Möglichkeit zu sein, um eine fragile Beziehung auf die Probe zu stellen (und wahrscheinlich auch zu beenden). Aber da spricht wahrscheinlich nur der zynische Single aus mir.
Langsam nimmt der Betrieb an der Bar wieder zu. Es ist seltsam, wie sehr sich die Menschen gleichen – innerlich wie auch äußerlich.

Darsteller und Statisten; Wölfe und Schafe.

Es Gibt 3 Arten von Menschen: Die, die bis drei zählen können und die anderen.

Ist es verbrecherisch, aus dem Phänotyp andere Eigenschaften abzuleiten?

Das gibt Anlass zu weiteren Fragen: Gibt es eigentlich wissenschaftliche Arbeiten, weniger ökonomischer oder sexualwissenschaftlicher, denn eher soziologisch behaviouristischer Natur? Urlaubsreportagen á la „So flirten die Deutschen auf Malle“ etc. gibt es ja zu genüge aber hat schon mal jemand die Perspektive eines 08/15 Pauschaltouristen verfilmt?
Ich meine, wenn es Bücher wie „Effie Briest“ gibt, warum dann nicht mal ein ähnliches Dokument über das „Nichts-Passieren“ im Urlaub?
Einfach nur dieses Dahinplätschern, dieses Sich-Treiben-Lassen …

Wenn Familie Meyer sich die Bude vorrichtet scheint das ja auch genug Leute zu interessieren. Aber ich schweife ab – es gilt eine Entscheidung zu treffen: Richtig zusaufen und das abendliche Buffet nur noch schemenhaft wahrnehmen oder sachte das Gas rausnehmen …

Hmmm … komischerweise hat die Vernunft gesiegt.



(to be continued ...)

Kommentare

Kasn hat gesagt…
tom du hast talent